Indienprojekte Fam. Hägele Aalen
Behinderteneinrichtungen
Unser Zentrum für Körperbehinderte in Peddha Kotalla
Da bislang in Indien kaum etwas für Menschen mit Behinderung getan
wurde, entschlossen wir uns, mehrere Behinderteneinrichtungen zu
bauen. Unser erstes Zentrum wurde für körperbehinderte Kinder
errichtet. Die meisten Kinder, die hier vollstationär aufgenommen
wurden, hatten Polio. Hier bekamen sie die notwendigen
physiotherapeutischen Behandlungen und konnten die St. Joseph
School am gleichen Ort besuchen. Wir übergaben die Einrichtung dem
Orden der JMJ Schwestern (Orden zur Hl. Familie). Der Orden bekam
von uns eine Anschubfinanzierung, dass er seine dort arbeitenden
Schwestern entsprechend ausbilden lassen konnte. Der Orden hat in
der Landeshauptstadt Hyderabad große eigene Krankenhäuser und so
konnten dort die Kinder, denen man nur mit einer Operation helfen
konnte, die notwendigen Behandlungen bekommen. Über viele Jahre
war diese Einrichtung mit 50 Kindern belegt und so konnten wir vielen Kindern helfen. Da jetzt Polio
durch staatliche vorgeschriebene Impfungen stark rückläufig ist, konnten wir einen Teil des
vorhandnen Gebäudes jetzt zu einem Altenheim mit Hospizdienst nutzen. Einige Räume werden als
Internat für Mädchen belegt, die unsere St. Joseph School im selben Ort besuchen, benutzt. So
wohnt nun hier Alt und Jung unter einem Dach zusammen.
Unser Zentrum für Geistig Behinderte in Gopavaram
Hier beschulen und betreuen wir im Moment 150 geistig behinderte
Kinder, Jugendliche und Erwachsene. St. Anna-Schwestern leiten diese
Einrichtung. Früher reagierte man auf die Geburt eines geistig
behinderten Säuglings in Indien oft mit Nahrungsentzug oder es wuchs
isoliert und ungefördert auf. Da die Nachfrage nach Plätzen so groß
war, haben wir im letzten Jahr mit Hilfe der Sternsingeraktion Aachen
einen großen Zusatzbau errichten können. Die Kinder und
Jugendlichen werden nach westlichem Standart unterrichtet und von
Physiotherapeuten betreut. Die Jugendlichen und Erwachsenen
können in einer beschützenden Werkstatt ihren Lebensunterhalt
verdienen. Wir haben in Gopavaram einen zweijährigen Studiengang
eingerichtet, in dem 60 junge Menschen Pädagogik und
Sonderpädagogik studieren können. Damit decken wir den
Eigenbedarf an Sonderschullehrern für unsere drei
Behinderteneinrichtungen und können dem Bundesland Andhra
Pradesh mit gut ausgebildeten Sonderpädagogen helfen. In der
Zwischenzeit müssen alle Pädagogikstudenten in den staatlichen Ausbildungsstätten in unseren
Behinderteneinrichtungen ihr Berufspraktikum absolvieren. 2020/21 wurde ein Gebäude errichtet, in
dem die erwachsenen Behinderten eine Bleibe für immer finden können. 100 Behinderte können hier
betreut in Fünfergruppen wohnen. Unsere Behindertenwerkstatt wird so ausgebaut, dass jeder, der
arbeiten kann, einen Arbeitsplatz findet.
Navajeevan, unsere Einrichtung für hörgeschädigte Kinder
In Indien gibt es über 80 Millionen
hörgeschädigte Menschen – das entspricht in
etwa der Einwohnerzahl der Bundesrepublik.
Diese hohe Zahl rührt daher, dass viele
Ohrenerkrankungen bei Kindern nicht
behandelt werden; es sind aber außerdem
Inzuchtprobleme. Die Menschen dürfen nur
Kastenangehörige heiraten und auch die
hohe Mitgift, die die Familie des Bräutigams
von der Familie der Braut erwarten kann,
führt dazu, dass Ehen häufig unter
Verwandtschaftsangehörigen geschlossen
werden. Die Behindertenrate liegt deshalb in
Indien mit 8 % um das zwanzigfache höher
als bei uns in Deutschland. Wir haben als
dritte große Behinderteneinrichtung Navajeevan aufgebaut. (Navajeevan bedeutet: Neues Leben) In
der Zwischenzeit beschulen wir dort 220 schwerhörige oder gehörlose Kinder vom Kindergarten bis
zur 10. Klasse. 35 engagierte Lehrer unterrichten diese Kinder. Am Ende der Schulzeit beherrschen
die Schüler denselben Unterrichtsstoff wie Kinder der staatlichen Regelschulen und haben damit gute
Chancen, in das dortige Berufsleben eingegliedert zu werden, nachdem Betriebe bei Einstellungen
neuerdings eine Behindertenquote erfüllen müssen. Zuvor saßen diese Kinder isoliert in ihren Dörfern
am Straßenrand, weil sie sich mit anderen Kindern nicht verständigen konnten und hatten keine
Chancen auf eine Schulbildung. Die Eltern waren mit der Behinderung ihrer Kinder absolut
überfordert. In Navajeevan lernen die Kinder die Gebärdensprache und üben, von den Lippen ihres
Gegenübers Worte abzulesen. Außerdem wird ihnen das Sprechen beigebracht. Sogar Englisch wird in
den Oberklassen unterrichtet. Im gesamten Bundesland Andhra Pradesh (80 Millionen Einwohner) gibt
es nur zwei solcher Schulen. JMJ Schwestern (Orden zur hl. Familie) leiten nun diese Einrichtung.
Gleichzeitig werden auch die Eltern miteinbezogen. Es sind regelmäßig Elternwochenenden und die
Eltern können mit Lehrern über ihr Kind Gespräche führen. Die Fortschritte, die die Kinder bei uns
machen, führen auch dazu, dass die Eltern lernen, wie sie ihr Kind fördern und in ein normales
Leben integrieren können und die Behinderung ihres Kindes akzeptieren.
Im Moment haben wir in Navajeevan zusätzlich zu den 220 hörgeschädigte weitere 100 Kinder, die
wir aus der Kinderarbeit befreien und die hier den versäumten Unterricht nachholen (unser CCP
Projekt- Beschreibung weiter unten). Ferner haben wir hier Schüler mehrerer Schulklassen der
English Medium School, die gerade aufgebaut wird. Dazu kommen noch jährlich 60 Studenten, die
hier ihren „Bachelor“ in Pädagogik und Sonderpädagogik machen. Meist wohnen hier auch die Lehrer,
Erzieher und Angestellten aus der Verwaltung und Küche. So leben in Navajeevan mehr als 400
Personen. In Navajeevan ist eine Vision wahr geworden, die es sonst in Indien nirgendwo gibt: Hier
leben und lernen Kinder und Jugendliche aus verschiedenen Kasten, aus verschiedenen
Religionen, Behinderte und nicht Behinderte, Jungen und Mädchen gemeinsam unter
einem Dach und gehen miteinander einer besseren Zukunft entgegen.
Der Tagesablauf in Navajeevan
Schon kurz vor fünf Uhr morgens beginnt der Tag. Auf dem
Plan steht zuerst Joga. Nach dem Bad und der Reinigung der
eigenen Wäsche gibt es Frühstück. Jedes Kind hat dann
spezielle Aufgaben zu erfüllen (Garten gießen, Hof kehren,
Zimmer richten, Müll entsorgen…). Danach werden die
Hausaufgaben unter Aufsicht der Lehrer gemacht.
Um 9 Uhr ist dann die Versammlung auf dem Schulhof. Hier
werden die Kinder und Jugendliche über den Tagesablauf und über die
Neuigkeiten in der Welt informiert. Für unsere Hörgeschädigten wird alles in
Gebärdensprache übersetzt. Dann folgen Schulstunden bis zum Mittagessen.
Nachmittags geht die Schule weiter. Danach werden wieder Hausaufgaben
gemacht und es schließt sich eine gemeinsame Spiel- und Sportstunde bis
zum Abendessen an. Da es um 18:30 schlagartig Nacht wird, geht
man sehr früh zu Bett. Sommerferien gibt es im April, wenn das
Thermometer annähernd 50 Grad zeigt.
Unsere Blindenschule
Ein großer Höhepunkt für die Besuchergruppe 2019 war die
Einweihung unserer neu erbauten Blindenschule in Sugalimetta.
Frau Showreelu und ihr Mann
B. Rajasekar hatten vor einigen
Jahren diese Schule gegründet.
Es ist eine Sonderschule für inklusive Erziehung. 10 blinde Kinder und
weitere 40 (teils mehrfach) behinderte Kinder werden hier vollstationär
betreut und beschult.
In menschenunwürdigen Räumen traf ich (Friedrich Hägele) die Schule
vor einigen Jahren an. 100.000 € haben wir für den Kauf des
Grundstücks und den Bau des neuen Schulgebäudes investiert. Nun
wohnen die Schüler in hellen, hohen Räumen, auch die Klassenräume
sind großzügig angelegt. Zur Finanzierung der Schule haben uns die
Sternsinger von St. Bonifatius in Aalen-Hofherrnweiler, die Schüler der Realschule auf dem
Galgenberg in Aalen mit ihrer Lehrerin Frau Agnes Riedel (im Bild) und viele Spender geholfen. Wie
immer bei allen Einweihungen in Indien, gab es ein großes Fest mit Vorführungen der Schüler und der
Lehrer und einem Festessen. Wir nahmen uns die Zeit, alle Räume zu besichtigen, sahen das
Unterrichtsmaterial und die Schreibmaschinen, mit dem
man
die „Braille-Schrift“ (Blindenschrift) schreiben kann. Die
Spezialschreibmaschinen und das Mobiliar der Schule
wurde von der Pfarrgemeinde Maria Empfängnis in
Solingen gesponsert. Auch in dieser
Blindeneinrichtung gibt es ein Institut,
in dem die benötigten Sonderschullehrer
ausgebildet werden. Dieses Institut wird
von Frau Showreelu geleitet. Wir haben
ihr vor vielen Jahren ein Sonderschul-
studium finanziert. Lange Zeit war sie als
Lehrerin in Navajeevan und Gopavaram tätig und hat auch in diesen Einrichtungen
Institute zur Ausbildung von Sonderschullehrern initiiert und geleitet.
Bild rechts eine Lehrerin bei einem indischen Begrüßungstanz.
Hier das Ehepaar Frau Showreelu und Herr B. Rajasekar,
welche die Blindenschule leiten.
Eine Freundschaft,
die verbindet und
hilft. Das linke
Mädchen ist blind.
Behinderte